www.die-gralsbewegung.org
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Schreiben von Herrn Alexander Yurtbil an die Redaktion

 

Völlig unvermittelt bin ich auf Ihr Internetforum gestoßen und habe dessen Inhalt mit größter Aufmerksamkeit gelesen. Gleichwohl ist mir trotz des Hinweises Ihrer Absicht nicht ganz verständlich, um was es Ihnen und den Nutzern Ihres Forums letztendlich geht. Es wird innerhalb der Gralsbewegung auf Missstände, Auseinandersetzungen und derlei mehr hingewiesen, und es entsteht zunächst der erhoffte Eindruck, dass hier längst überfällige Aufarbeitung gewagt wird. Leider weicht dieser Eindruck der Besorgnis, dass es sich hier lediglich um den Versuch handelt, bestimmte Personen zu schützen und den weiteren Zerfall der Gralsbewegung aufzuhalten, womöglich mit dem Ziel, eine Neuordnung herbeizuführen. Einzig fehlt mir das Verständnis dafür, verlangte doch Abdruschin einst selbst, dass der Berg zu verlassen sei und vermieden werden soll, dass die Gralsbewegung in irgendeiner Weise fortgesetzt wird.

 

Dass es aber nur deshalb zur Zersplitterung der Gralsbewegung kam, weil ihre Anhänger entgegen der Worte Abdruschins fortführten, was von ihm nicht gewollt war, ist nur die halbe Wahrheit. Abdruschin selbst hat zu dieser Entwicklung beigetragen, und es wird nicht leicht sein, sich dies begreiflich zu machen.

 

Die Gralsbewegung mit all ihren Streitigkeiten musste scheitern, weil man annahm, Abdruschin sei der verheißene Gottessohn Imanuel gewesen. Zu dieser Annahme hat Abdruschin maßgeblich selbst beigetragen. Sei es durch Aussagen in seiner „Große Ausgabe“ von 1931 oder den Nachklängen I von 1934. Nicht zuletzt aber durch den Tag, an dem Abdruschin die ersehnten Worte sprach: „Ich bin’s!“

 

Gewiss, die Hoheit seiner Botschaft vor dem Hintergrund eines zur Zeitenwende danieder liegenden geschundenen Europas, am Vorabend eines weiteren Weltkriegs, ließ seinerzeit kaum einen anderen Rückschluss zu, als das Abdruschin gekommen war, um die Prophezeiung vom Kommen des Menschensohns und dem Jüngsten Gericht zu erfüllen.

 

Nun sind seit den Nachklängen I mittlerweile 80 Jahre vergangen, und es muss erlaubt sein, die damaligen Geschehnisse in einem neuen Licht zu betrachten. Hält man jedoch, wie vermutlich noch die meisten seiner Anhänger, unerschütterlich am Menschensohn Abdruschin fest, wird deren Betrachtung ungemein erschwert.

 

Wie schon seit jeher geweissagt worden war, geht mit dem Menschensohn das Gericht einher, gefolgt vom sagenumwobenen Tausendjährigen Reich. Im Falle Abdruschins muss diesbezüglich Vorsicht geboten sein. Sicherlich stand es seinerzeit, und noch mehr jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts, noch nie so schlimm um diese Menschheit, und dennoch kann von einem Gericht, das die Erde mit seinen Bewohnern in seinen Grundfesten erschüttert, wahrlich noch nicht die Rede sein.

 

Da nützt es auch nichts, die Sendung Abdruschins damit schützen zu wollen, dass es im freien Willen des Menschen begründet war, dass das Gericht nicht über uns kam. Wie anmaßend zu behaupten, das Gericht sei abhängig von unserem Willen gewesen, so doch längst bekannt ist, dass das Gericht naturgemäß jedem Weltenkörper anhängt von einer bestimmten Stunde an (s. a. den Vortrag „Pfingsten 1929“ von Abdruschin).

 

Ein Vorgang, der gänzlich in keinem Zusammenhang mit der Auflösung steht, das einem Weltenkörper aufgrund seiner Überreife widerfährt. Völlig außer Acht gelassen wurde dabei jener verheißene Komet, der da wie eine zweite Sonne am Himmel zu sehen sein wird und dessen Lichtstrahlen für das Endgeschehen von entscheidender Bedeutung sein werden. Auch diese Prophetie haben vermeintlich wir selbst verhindert, jedoch sei laut Anhängern zumindest geistig der Stern in Erdumlaufbahn geschaut worden sein – eine wahrlich geschickte Auslegung und letztlich vom gemeinen Menschen nicht nachprüfbar.

 

„Infolge unseres Versagens ist das Friedensreich in weite Ferne gerückt. Sein Kommen ist jetzt einer höheren Vorsehung vorbehalten. Bis dahin haben wir die „Wartezeit“ geistig zu nutzen“, heißt es sinngemäß von offizieller Seite her.

Wie ist nun das in der Folge tatsächlich Geschehene mit jener Botschaft vereinbar, die da 1931 in einer „Großen Ausgabe“ den Menschen gegeben wurde? Schnell wurde von Seiten der Anhänger, ob vom Berg oder aus den umliegenden „Niederungen“, wieder auf das Versagen der Berufenen und der Menschheit hingewiesen, das in diesem Ausmaß selbst vom Licht nicht vorherzusehen war. Was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass Abdruschin die Botschaft bei frühzeitigem Wissen um die Fehler und Schwächen der Menschen anders verfasst haben würde. Dies erscheint mehr als fraglich für einen Gottessohn, der gekommen ist, um zu vollbringen, anstatt sich nach der Menschheit zu richten.

Um wen aber handelt es sich dann bei der Person Abdruschins, der uns 1931 aus der Gesamtheit seiner Schriften von 1920 an eine Botschaft aus den lichten Höhen, ja, vom Schöpfer selbst übermittelt hat? Er bezeichnet sich darin als Menschensohn, als Träger des Jüngsten Gerichts und Errichter des Gottesreichs auf Erden. Die außergewöhnliche Art seiner Botschaft, die absolute Logik und die Höhe der Offenbarung sprechen doch für sich, dass solch Wissen nur vom Lichte selbst ausgehen konnte. Vom Lichte gewiss, doch war er das Licht selbst?

 

Eine gewisse Skepsis wäre spätestens zu dem Zeitpunkt angebracht gewesen, als u. a. der Jünger Alfred Grégoire kundtat, dass Abdruschin zu Zeiten seines Zwangsaufenthalts an einer Umänderung der Botschaft von 1931 arbeite, die 1949 mit der Veröffentlichung der „Ausgabe letzter Hand“ seinen Abschluss fand. Mit der „Botschaft 31“ hat Abdruschin eine Vortragsfolge festgelegt, von der er erklärte, dass diese unabänderlich sei!

 

Sie entspreche genau dem natürlichen Entwicklungsgang des menschlichen Geistes. Die „Botschaft 49“ enthält nun abgeänderte oder verschwundene Vorträge in einer Folge, die völlig verändert worden ist. Er bezeichnet die Änderungen wiederum als unabänderlich und fügt hinzu, dass damit der Zugang zur Botschaft künftig erleichtert werde. Diese Aussage steht im völligen Widerspruch zu Abdruschins früherer Erklärung, dass er die Anweisung habe, es den Menschen nicht zu leicht zu machen.

 

Schnell wurde von Seiten der Gralsbewegung deutlich gemacht, dass Abdruschin auf die Wirklichkeit bezogen nur mithilfe einer Neufassung seiner ursprünglichen Botschaft dem immer tiefer sinkenden geistigen Niveau der Menschen begegnen konnte, nachdem er unerwartet erkennen musste, dass das Friedensreich aufgrund der Schwächen und Fehler der Menschheit sich endgültig zerschlagen hatte. Wie ist dies vereinbar mit einem Gottessohn, der 1934 noch in seinen Vorträgen „Ich sende Euch“ und „Und wenn die Menschheit fragt“ eindringlich warnte, dass sein unverändertes Wort und der Aufbau seiner Botschaft unverrückbar sei. Einzelne Kreuzträger wenden freimütig ein, dass es jedem anderen Autor auch gestattet sei, jederzeit Änderungen an seinen Schriften vorzunehmen. Welch armseliger Vergleich! Das Wort Gottes ist, jetzt und in alle Ewigkeit!

 

Hat Jesus je seine Worte in seiner Bedeutung abgeschwächt, zurückgenommen oder sich nachträglich verbessert, wohlwissend, dass er dadurch u. a. durchaus dem Kreuzestod hätte entkommen können? Derlei Kalkül kommt aber bei Jesus nicht in Frage, weil auch er das Wort ist und ebendaher gar nicht anders kann, als zu sein, der er von Anbeginn war und immer sein wird. Es ist vollbracht! Nicht anders bei Imanuel, der da kommen wird, um zu vollbringen, ob mit oder ohne unsere Zustimmung!

 

Wenn aber dem alles so ist, wie oben gesagt wurde, um wen handelte es sich bei Abdruschin dann? Die Antwort gab er 1939 in einer persönlichen Erklärung selbst: Er bezeichnete sich als Gottgesandten, der in einer besonderen Verbindung mit der göttlichen Weisheit steht. Er fügt hinzu, dass er nicht gleichzusetzen sei mit Jesus, sondern dass es sich bei ihm um einen besonderen Strahlungsvorgang handelt, der es ihm ermöglicht, wie der „äußerste irdische Griffel göttlichen Willens zu neuen Offenbarungen notwendigen Wissens zu wirken“. An sich ist damit alles gesagt worden und es ist verwunderlich, dass gleichwohl seitdem bis heute Unklarheit über die Herkunft Abdruschins besteht.

 

Nimmt man aber diese Erklärung hin, lassen sich die Geschehnisse von damals im Nachhinein recht einfach einordnen, weil man nicht mehr versucht ist, sich zurechtlegen zu müssen, was scheinbar nicht mit dem Wort Abdruschins im Einklang steht. Es setzt sich vielmehr die Erkenntnis durch, Abdruschin als den Wegbereiter zu sehen, für den, der da noch kommen wird: Der Menschensohn! Womöglich sollte dafür der Boden bereitet und die Berufenen für ihre eigentliche, noch bevorstehende Aufgabe geprüft und vorbereitet werden.

 

Um entsprechend wirken zu können, bestand also zwischen Imanuel und Abdruschin eine Strahlungsverbindung, die im Laufe seines Wirkens offensichtlich nachgelassen haben muss. Nicht von ungefähr gab einst einer der Jünger Abdruschins, Lucien Siffrid, in diesem Zusammenhang schon im Sommer 1937 traurig dem Anhänger André Fischer zu verstehen, dass Imanuel im Begriff ist, sich von Abdruschin zurückzuziehen. Doch wie war das möglich?

 

Auch hierfür liegt die Antwort bei Abdruschin selbst. Indem er vor seiner Erklärung von oben noch von sich behauptete, der verheißene Menschensohn zu sein, nahm das Unheil seinen Lauf und erklären seine Handlungen in der Folge, als wohl die Strahlungsverbindung endgültig aufhörte. Von diesem Zeitpunkt an war er auf sich allein gestellt, was u. a. wiederum deutlich machen würde, wie es zu der Neufassung seiner Botschaft kam und auch dringend geboten war, nachdem er seinen folgenschweren Fehler erkannt haben musste. In dem Bewusstsein, in seiner Sendung also gefehlt zu haben, war es möglicherweise der Versuch, zu retten, was noch zu retten ist.

 

Die Urbotschaft von 1931 verliert aber dadurch nicht an Ausstrahlung und Kraft. Sie ist von nun an nur differenzierter zu lesen. Hilfreich ist es, wenn man sich dabei vorstellt, dass er in der dritten Person gesprochen hat, also die Worte so wiedergegeben hat, als wenn Imanuel selbst gesprochen haben würde. Und alle im Zusammenhang mit dem

Gericht in der Urbotschaft geschilderten Vorgänge, die den Eindruck erwecken, sie haben sich hiermit bereits erfüllt, sind so zu verstehen, dass sich alles so in der von ihm beschriebenen Weise vollziehen wird, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.

So sehr die hier geschilderte Betrachtungsweise auf Viele zunächst einmal ernüchternd wirken muss, so sehr gibt sie auch Aussicht auf eine noch bevorstehende wunderbare Entwicklung der Erde frei. Es ist nun an einem jeden von uns sich bewusst zu machen, wie falsch unsere Wege auf der Erde waren, um erkennen zu können, dass der Gottessohn Imanuel erst noch einkehren wird in die Grobstofflichkeit.

 

„Die Zeit der großen Wende ist nahe. Mit der Geburt des Menschensohnes beginnt der Aufbau der Erde. Er wird verkünden allen Lebendigen die Wahrheit und richten, die da tot sind im Geiste. Die Erde wird danach frei sein und sich zum höchsten Stern entwickeln, denn sie ist auserkoren, die Führung in der Grobstofflichkeit zu übernehmen!“ So die vielversprechenden Worte Abdruschins vom 30.05.1978, wiedergegeben durch Gabriele Mietzner.

 

Und bereits schon am 08.05.1965 ruft uns Friedrich Rauber aus dem geistigen Reich zu, dass „die Zeit nun bald gekommen sei, wo die reine Wahrheit durch den Menschensohn allen Menschen dieser Erde verkündet werden soll. Sie ist die alleinige Wahrheit und einmalig in der Geschichte der Menschheit.“

 

Ich möchte meine Ausführungen damit schließen, indem ich Ihnen mitteile, dass es mir fern liegt zu behaupten, die Wahrheit über Abdruschin zu kennen und unter der Annahme, dass die „Ausgabe letzter Hand“ tatsächlich von Abdruschin stammt.

 

Zeitgleich mit meiner Versiegelung auf dem Berg geriet ich an ein Schreiben meines Großvaters, aus dem hervorgeht, dass es sich bei Abdruschin nicht um die Inkarnierung des Menschensohns gehandelt hat. So sehr ich dies nicht wahrhaben wollte, empfand ich sofort die Richtigkeit der Worte. Nach rücksichtsloser Prüfung bin ich schließlich zur selben Überzeugung gelangt. So blieb mir am Ende nichts anderes übrig, als dem Berg konsequent wieder den Rücken zu kehren, und es fiel mir wahrlich schwer.

 

Umso schöner, dass ich die in den Ausführungen und Erklärungen der Gralsbewegung so oft vermisste Logik wieder gefunden habe. Diese Erfahrung war sehr beglückend. Gleichwohl bin ich für jede andere Erkenntnis oder Aufklärung immer aufgeschlossen und dankbar.

 

Alexander Yurtbil